Knastmarathon JVA Darmstadt 2012
20. Mai 2012, 10:00 UhrAm 20. Mai war es soweit. Schon der Weg zur Laufstrecke zeigt, dass das hier kein gewöhnlicher Marathon wird. Vor dem Lauf steht nämlich eine intensive Personen- und Gepäckkontrolle und selbst ein Drogenspürhund kommt zum Einsatz. Heute geht es zum Marathon in den Knast, in die Justiz-Vollzugsanstalt Darmstadt.
Rund 150 Externe dürfen hier mit 27 Knackies auf die 42,195 km Strecke. Die hatten sich in einem Resozialisierungsprogramm speziell auf diesen Lauf vorbereitet und bestreiten diese Distanz fast ausnahmslos zum ersten Mal. Da wir externen nur eine Begleitperson mit hinter die Mauern nehmen dürfen, gestaltet sich die Veranstaltung sehr übersichtlich und die geringe Teilnehmerzahl sorgt zudem für eine reibungslose und stressfreie Abwicklung bei der Nummernausgabe, in der Umkleide und der Gepäckaufbewahrung.
An der Startlinie verläuft ebenfalls alles sehr entspannt und auch die angekündigte Verzögerung um etwa 10 Minuten wird gelassen zur Kenntnis genommen. Dann erfolgt der Start, der übrigens hier ausnahmslos mit Flagge und nicht Pistole erfolgt, und vor uns liegen 24 Runden a 1,758 Kilometer, denn irgendwie müssen die 42 km hier im Knast ja zusammen kommen.
Publikumsmassen sucht man hier natürlich vergebens aber immerhin dürfen ein paar Duzend Insassen im Rahmen des Hofgangs, in einem abgesperrten Bereich, den Lauf verfolgen und ließen sich zu Anfeuerungsrufen hinreißen. Witzig hierbei, dass in etwa der Hälfte des Laufs alle zurück in die Zelle mussten, dann aber die andere Seite an der Reihe war. Unsere Begleiter dürfen sich im Bereich der Verpflegungsstelle aufhalten, der Rest ist tabu, wird aber ausnahms- und lückenlos von Vollzugsbeamten überwacht. Eine kleine Truppe Trommler sorgt für rhythmische Klänge.
Zur Streckenführung gibt es nicht viel zu sagen. Unmittelbar nach dem Start führt uns eine Rechtskurve geradewegs auf eine Mauer und die davor liegende Wendeschleife zu. Auf der Gegenspur geht es die etwa 100 m zurück zur Kurve am Start-Zielbereich, in der auch die Verpflegungsstadion aufgebaut ist. Dann wird man 250 m an vier Zellentrakten vorbei zum Sportplatz geführt und erreicht eine etwa 200 m lange Gerade, die neben dem Sportplatz und parallel zur hohen Anstaltsmauer mit Stacheldraht verläuft. Am Ende biegen wir rechts auf die 170 m Gerade zur Wendeschleife auf der Rückseite der Verpflegungsstadion ein und machen uns von hier, nach etwa 70 m, rechts auf einen 400 m langen Abschnitt um eine kleine Gebäudegruppe. Dann geht es in einer Rechts-Links-Kombination zurück auf die Gegenspur der langen Gerade an der Mauer und weiter zurück zum Start-Ziel-Bereich. Alles flach, wenig spektakulär und 24-mal.
Eine notwendige Rundenzahl dieser Größenordnung machen so einen Lauf zu einem schwierigen Unterfangen. Noch schwieriger wird es, wenn wie in diesem Jahr, die Zeitmessung kurzzeitig den Geist aufgibt und die persönliche Rundenanzeige durch den Veranstalter unmöglich macht. Da ich mit neuer Uhr laufe und deshalb auch mit der Technik kämpfe, dauert es nicht lange und ich habe den Überblick verloren. Hier kann ich mich glücklich schätzen, dass mich Doro zum Lauf begleitet hat und ich ihr zur Aufgabe machen kann, meine Rundenzahl zu ermitteln. So behält wenigstens sie den Überblick und kann mich über meine Rundenzahl auf dem aktuellen Stand halten. Der Veranstalter war hierzu bis zum Schluss nicht in der Lage und überließ es letztendlich den Läufern zu entscheiden, wann deren Lauf zu Ende war. Erst in der Endauswertung auf der Homepage konnte man erfahren, ob man richtig lag.
Nicht nur auf Grund des Rundenchaos war dieser Lauf einer meiner härtesten. Entgegen aller Vorsätze, die ich mir gestellt habe, war der Knastmarathon bereits mein dritter Lauf in diesem Jahr und vor allem der Mannheim Marathon, der gerade mal eine Woche her war, steckte mir noch immer in den Knochen. Zum anderen machte mir die Hitze enorm zu schaffen, denn in Darmstadt zeigte das Thermometer 28 Grad und hinter den Mauern stand die Luft. Vor allem aber die Monotonie machte einen doch mürbe. Ich bereu aber nicht, dabei gewesen zu sein und freue mich der gesammelten Erfahrung und der gewonnen Eindrücke einer JVA, die den meisten wohl (hoffentlich) verwehrt bleiben wird.
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